Dometown Arlesheim

Der Nähkurs geistert immer noch in meinem Kopf herum. Warum beschäftigt die Gemeinde eine Näherin fürs Volk? Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass der Nähkurs eine Institution der Zwischenkriegsjahre ist. Man wollte die arme Landbevölkerung in der Herstellung von warmen Kleidern anleiten, damit sie den harten Winter übersteht. Solche Kurse gab’s zum Beispiel bei der Winterhilfe. Hilfe zur Selbsthilfe sozusagen. Eine durchaus sinnvolle Sache. Das Prolem ist nur: Wir leben in Arlesheim im Jahr 2008 und haben den Nähkurs immer noch. Ich wage jetzt einfach mal zu bezweifeln, dass die Kursteilnehmerinnen wirklich ihr Hungertuch zusammennähen. Ein Blick auf den Wagenpark auf den Besucherparkplätzen der Schappe während des Kurses gibt auf jeden Fall keine Hinweise darauf, im Gegenteil.
Nun soll mich hier niemand falsch verstehen: Ich hab nichts gegen den Nähkurs an sich. Aber bitte: Wenn wir schon eine so grosse Nähbewegung in Arlesheim haben, dann findet sich bestimmt auch jemand, der oder die bereit ist, diesen Kurs privat zu organisieren.
Faszinierend an dieser Geschichte ist aber vor allem, dass es immer noch historisch begründete Institutionen gibt, die sich trotz komplett veränderter Ausgangslage und Rahmenbedingungen in die Gegenwart geschmuggelt haben. Anderes Beispiel gefällig? Der Kohlezuschlag der französischen Lokführer. Dieser wird ausbezahlt, obschon die Lokführer längst mit High-Tech-Instrumenten zu tun haben und seit Jahrzehnten nicht mehr russverschmiert am Tender stehen.
Weitere Beispiele bitte in diesem Blog posten. Gesucht sind die Top Ten von Nähkurs, Kohlezulage und Co.